Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat auf ihrer Kabinettssitzung am 15.6.2004 grünes Licht zur Novellierung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr des Landes (ÖPNV-Gesetz) gegeben. Ziel dieser Gesetzesänderung ist es, die Qualität insbesondere im Schienenpersonennahverkehr zu sichern und weiter zu verbessern. Der Bahn drohen dann bei fehlender Qualität empfindlichen Strafen.
Der von NRW-Infrastrukturminister Dr. Axel Horstmann (Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung) eingebrachte Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen vor, dass die neun Zweckverbände die Anforderungen an die Qualität etwa hinsichtlich Pünktlichkeit, Sauberkeit oder Anschlusssicherheit in ihren Vereinbarungen mit den Eisenbahnunternehmen konkret definieren und Sanktionen für die Nichterfüllung regeln müssen. In der Vergangenheit hatten die Zweckverbände oftmals Schwierigkeiten, angemessene Vertragsstrafen bei Qualitätsdefiziten in ihre Verkehrsverträge aufzunehmen. Die Neuregelung im ÖPNV-Gesetz soll ihre Verhandlungsposition deutlich ausbauen.
Minister Dr. Horstmann: „In den vergangenen acht Jahren haben wir das Angebot im Schienennahverkehr um über ein Drittel von ursprünglich rund 74 Millionen Zug-Kilometern auf heute über 100 Millionen Zug-Kilometer pro Jahr erhöht. Jetzt muss es darum gehen, die von den Eisenbahnunternehmen zugesagte Qualität auch zu sichern. Das Land will mit entsprechenden Vorgaben im geänderten ÖPNV-Gesetz die neun Nahverkehrs-Zweckverbände in NRW unterstützen, wenn es darum geht, Qualitätsanforderungen gegenüber ihren Vertragspartnern bei den Eisenbahnen durchzusetzen.“
Das Verspätungschaos im Schienenverkehr im letzten Herbst war zum großen Teil hausgemacht und dürfe sich nicht wiederholen, so der Minister weiter. Zwar habe die Bahn jetzt zugesagt, die Hauptursache für die damalige Unpünktlichkeit zu beseitigen, indem sie die Werkstattkapazitäten ausbaue und die Schmierfilmprobleme der Elektrotriebzüge weitgehend durch den Einsatz älterer Züge vermeiden wolle.
„Diese kostenintensiven Maßnahmen führt ein Unternehmen nur dann durch, wenn die zu erwartende Vertragsstrafe bei Nichterfüllung schmerzhaft ist. Durch das Druckmittel einer angemessenen Vertragsstrafe werden die Eisenbahnen zur technischen Vorsorge angehalten, die die verkehrliche Qualität mittelfristig auch bei besonderen Witterungslagen sichern soll“, betonte der NRW-Infrastrukturminister.
Minister Dr. Horstmann: „Die Verhandlungsposition der Zweckverbände wird sich durch die Gesetzesänderung erheblich verbessern. Schließlich erhalten die Eisenbahnen von den Zweckverbänden Fördermittel, die vom Land zur Verfügung gestellt werden und sich allein im Jahr 2004 auf nahezu 750 Millionen Euro belaufen. Dieses Geld soll auch nur dann vollständig gezahlt werden, wenn die vereinbarte Qualität stimmt.“ Die aus den Sanktionsregelungen resultierenden Ersparnisse der Zweckverbände bei Nichterfüllung der Qualität müssten nicht an das Land zurückgegeben werden, sondern könnten von den Zweckverbänden für ÖPNV-Verbesserungen vor Ort eingesetzt werden, so der Minister.
Das geänderte ÖPNV-Gesetz des Landes sieht u.a. auch vor, dass
- die Agentur Nahverkehr NRW GmbH die einzelnen Qualitätsmerkmale wie zum Beispiel Pünktlichkeit oder Sauberkeit konkretisiert und überwacht. Im Gesetzentwurf werden diese Merkmale nur allgemein definiert. Die im letzten November gegründete gemeinsame Managementgesellschaft von Land und Zweckverbänden soll zudem einen jährlichen Qualitätsbericht erstellen, der Grundlage für die Fortentwicklung der Qualitätsanforderungen sein wird.
- in den Nahverkehrsplänen der 54 Kreise und Kreisfreien Städte sowie der neun Zweckverbände die auf die Verhältnisse vor Ort bezogene Konkretisierung der Qualitätsanforderungen erfolgen soll. Die Verkehrsunternehmen haben die Vorgaben der Nahverkehrspläne zu berücksichtigen. Für den Schienenpersonennahverkehr werden die Qualitätsvorgaben in den jeweiligen Verkehrsverträgen oder den Zuwendungsbescheiden an die Eisenbahnunternehmen umgesetzt.
- die Zweckverbände auf die Aufnahme von „Mobilitätsgarantien“ in die Tarifbestimmungen der Verkehrsverbünde – also deren allgemeinen Geschäftsbedingungen – hinwirken sollen. Gegenwärtig bestehen diese bereits in einigen Verkehrsverbünden für Zeitkartenkunden.
Der vom Kabinett gebilligte Gesetzesentwurf wird jetzt den beteiligten Verbänden zugeleitet. Nach Abschluss der Verbändeanhörung wird der Gesetzesentwurf in den Landtag eingebracht. Mit einer Verabschiedung durch den Landtag wird im Frühjahr 2005 gerechnet.